FOTOGESCHICHTE - Heft 111
Amateure. Laien verändern die visuelle Kultur
Fotoamateur, Knipser, Dilettant: Am Beginn des 21. Jahrhunderts hat er die Dunkelkammer, das Terrain aus Optik und Chemie verlassen, und wechselt über in die Abstraktion des Digitalen. Mithilfe neuer Kameratechnologien, Scanner und Bildbearbeitungssoftware tritt er aus seiner bisherigen Anonymität hervor und wird zum mächtigen Akteur in einer globalen Bilderwelt.
Die weltweit am meisten genutzte Internetplattform für Fotografie Flickr ist seit 2004 zugänglich. Täglich werden dort Millionen Fotografien hoch geladen und abrufbar gemacht. Daneben gibt es zahlreiche Plattformen, die als Publikationsorte für Amateurfotografien dienen. Amateure brauchen also nicht mehr über eine eigene Homepage zu verfügen, um ihr selbst produziertes Material anderen zu zeigen. Die "Hobby-Fotografen" können sich durch eine bezahlte Mitgliedschaft von den bereits vorhandenen Fotoarbeiten inspirieren lassen und mit eigenen Fotografien in eine visuelle und sprachliche Diskussion mit anderen einsteigen (www.fotocommunity.de). Diese Aktivitäten erinnern an die in Vereinen organisierten Amateurfotografen, die um die Wende zum 20. Jahrhundert nicht nur zum bloßen Zeitvertreib fotografierten, sondern eine Veredelung ihrer Erzeugnisse anstrebten. Der Slogan der deutschen Flickr-Präsenz "Zeigen Sie Ihre Fotos. Sehen Sie der Welt zu" (www.flickr.com) verweist auf das, was den Amateur heute so besonders macht: Produzent und Rezipient von Bildern in einer globalen Wirklichkeit zu sein.
In diesem Themenheft sind Beiträge versammelt, die sich mit historischen und gegenwärtigen Medienamateuren beschäftigen. Den Texten liegen Vorträge zugrunden, die im Juni 2008 an der Universität Siegen auf der Konferenz "Medienamateure – wie verändern Laien unsere visuelle Kultur" präsentiert wurden. (www.medienamateure.de).
BEITRÄGE
Susanne Regener: Medienamateure im digitalen Zeitalter
Timm Starl: Inszenierung des Privaten. Knipserfotos auf Postkarten
Wolfgang Hesse: Der Amateur als politischer Akteur. Anmerkungen zur Arbeiterfotografie der Weimarer Republik
Gunnar Schmidt: Dilettantische Ästhetik. Fotografie zwischen Laien- und Kunstsphäre
Karin Bruns: All by Myself. Audiovisuelle Techniken der Selbstveröffentlichung in pornografischen Webforen
REZENSIONEN
Katharina Sykora: Claude Cahun. Contexte, posture, filiation. Pour une ésthétique de l"entre deux. Sous la direction de Andrea Oberhuber – Paragraphes Vol. XXVII, Département des littératures de langue française. Université de Montréal, Montréal 2007.
Michael Diers: Die Ausstellung "Universal Archive. The Condition of the Document and the Modern Photographic Utopia" in Barcelona (Museu d"Art Contemporanei) und Lissabon (Museu Colecção Berardo-Arte Moderna e Contemporãnea) untersucht den Status der Dokumentarfotografie gestern und heute.
Bernd Stiegler: Jan Tschichold. Meister der Typographie. Sein Lebenswerk in Bildern, o.O.: Verlag Bernd Detsch, 2007.
Timm Starl: "Förderdividende". Von der Fotografie in Banken und Museen. REAL. Konzept: Fotografie / Concept: Photography, hg. von Luminita Sabau, dt./engl. – Ostfildern: Hatje Cantz, 2008; Fotografis collection reloaded, hg. von Ingried Brugger – ohne Ortsangabe: Jung und Jung, 2008.
Anton Holzer: Kristen Lubben (Hg.): Susan Meiselas. In History – Göttingen, New York: gemeinsame Veröffentlichung des International Center of Photography und des Steidl Verlags, 2008.
Ulrike Matzer: Mattie Boom, Ger Luijten, Hans Rooseboom (Hg.): Rijksmuseum Studies in Photography Vol. 1-4: Amsterdam: Rijksmuseum / Nieuw Amsterdam 2007; Christiane Kuhlmann: Richard Tepe: Photography of Nature in the Netherlands 1900-1940; Vol. 2/2007: Laetitia Dujardin: Ethnics and Trade: Photography in the Colonial Exhibitions in Amsterdam, Antwerp and Brussels; Vol. 3/2008: Rakia Faber: Louis Heldring: Amateur Photographer in the Middle East 1898; Vol. 4/2008: David Odo: Unknown Japan: Reconsidering 19th-century Photographs.
FORSCHUNG
Verena Bader: Elfriede Reichelt – eine Breslauer Fotografin zwischen Berufs- und Kunstfotografie.